Biologische Kontrolle des invasiven Götterbaums

Götterbaum, ein invasiver Neophyt

Er wurde seit seiner Einführung gerne gepflanzt, da er trotz geringer Ansprüche, was Wasser, Nährstoffe und Bodengefüge betrifft und seiner hohen Toleranz gegenüber Luftverschmutzung und Streusalz, einen äußerst schnellen Höhenzuwachs aufweist.

Er gilt als der am schnellsten wachsende Baum in Europa und kann bereits im Jahr nach seiner Keimung bis zu 2m hoch wachsen. An guten Standorten kann Götterbaum innerhalb von 20 Jahren bereits 20m Höhe erreichen, wobei an durchtreibenden Stockaustrieben sogar Jahreszuwächse von 4m gemessen wurden. Endhöhen bis 30m sind möglich, wobei sich das Wachstum nach der Jugendphase aber deutlich abschwächt.

Die Lebenserwartung ist mit 100-150 Jahren typisch für ein Pioniergehölz. Götterbaum wurde nicht nur als Ziergehölz gepflanzt (die erste Bepflanzung der Wiener Ringstraße wurde u.a. mit Götterbaum durchgeführt!) sondern auch zum Aufbau einer Seidenraupenproduktion kultiviert, sowie als Faserholz, als Bienenweide oder in Windschutzgürteln gesetzt.

Ab Mitte des 20. Jahrhunderts konnte zunehmend beobachtet werden, dass sich Götterbaum invasiv verbreitete. Als Schlüsselereignis wird in vielen europäischen Städten der zweite Weltkrieg angesehen. Die vielen Ruinen, Bombentrichter und Baulücken stellten ein ideales Habitat für den Götterbaum dar, auf denen sich eine stabile Population aufbauen konnte. Die Wärme der Städte begünstigte seine Etablierung. Ausgehend von den städtischen Wärmeinseln konnte sich der Götterbaum dann entlang von linearen Infrastrukturanlagen, wie Bahn- und Leitungstrassen, Verkehrswegen oder Hochwasserschutzdämmen weiter ausbreiten. Heute wird erwartet, dass sich das Ausbreitungsgebiet in Europa, bedingt durch die immer milderen Winter, zunehmend auch in nördlichere Lagen bzw. in die Vorgebirgslagen ausweiten wird.

Auch wenn der Götterbaum viele Eigenschaften mit sich bringt, die für Bäume an urbanen Standorten grundsätzlich wünschenswert wären, wird seine Ausbreitung kritisch gesehen. Samentragende Mutterbäume (Götterbaum ist zweihäusig, es gibt also sowohl männliche als auch weibliche Individuen) können mehrere Hunderttausend Samen pro Jahr produzieren, die in hoher Zahl keimen. Darüber hinaus breitet sich Götterbaum auch sehr stark über Wurzelbrut und Stockausschläge aus. Götterbaum kann sehr rasch die natürliche Vegetation verdrängen, was sich in Folge stark negativ auf die Biodiversität auswirkt. Besonders gefährdet sind hier in Österreich Trockenrasenstandorte, die wertvolle Biotope für geschützte Pflanzen und Tiere darstellen. Aber auch im urbanen Bereich und in der Kulturlandschaft ist seine Ausbreitung unerwünscht, da durch Gebäudeschäden, Ernteverluste und Bekämpfungsmaßnahmen hohe finanzielle Schäden entstehen.

Ist eine Bekämpfung immer notwendig?

Der Götterbaum ist seit 2019 auf der Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung der EU geführt. Organismen die auf dieser Liste geführt werden sind EU-weit mit einem Handelsverbot belegt, dürfen nicht vermehrt und in Verkehr gebracht werden und alle Mitgliedsstaaten sind dazu verpflichtet Management- und Präventionsmaßnahmen zu setzen um eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Ein frühzeitiges Monitoring durch Gemeinden, Länder oder Infrastrukturträger gilt als wirksamstes Mittel um das Aufkommen von Götterbaum (und anderen invasiven Neophyten) rechtzeitig zu Bemerken. Im Frühstadium ist ein (kostengünstiges) Gegensteuern oftmals noch möglich.

Bei etablierten Beständen ergibt sich die Notwendigkeit der Bekämpfung an vielen Orten jedoch von alleine. Auf Dachflächen, auf Gleisanlagen, unter Stromleitungen oder in Mauerritzen müssen Gehölze zwingend entfernt werden, um Schäden zu vermeiden.

Annehmbare Erfolge lassen sich jedoch oft nur durch wiederholte Einsätze und Kombinationen verschiedener Maßnahmen erzielen, was die Bekämpfung von Götterbaum insgesamt sehr aufwändig und teuer macht. Hinzu kommt, dass der breite Einsatz von chemisch-synthetischen Herbiziden gesellschaftlich zunehmend kritisch gesehen wird und an einigen Standorten (wie zB auf ökologisch bewirtschafteten Flächen oder im innerstädtischen Bereich) ausnahmslos verboten ist.

Die bisher zur Verfügung stehenden Methoden umfassen sowohl mechanische Methoden (wie Ausreißen, Mulchen, Ausgraben, (partielles) Ringeln oder das Abdecken des Bodens) als auch chemische Methoden (Einsatz von Herbiziden, zB flächige Applikation, Stamminokulation, Bestreichen von Schnittflächen, basale Rindenbehandlung).

Benjamin Dauth, Spezialist für Unfallprävention

Unser Mitarbeiter Benjamin Dauth forscht seit 2021 im Rahmen seiner Dissertation zu möglichen Umweltauswirkungen von Verticillium nonalfalfae und ist daher stets über den aktuellen Stand der Entwicklungen in diesem Bereich informiert und steht als Ansprechpartner rund um das Thema Götterbaum gerne zur Verfügung.

Biologische Bekämpfung mit dem Welkepilz Verticillium nonalfalfae

Mit dem Ziel, eine einfache und dauerhaft wirksame Bekämpfungsmethode zu entwickeln, die auch auf ökologisch sensiblen Flächen und im Bereich der biologischen Produktion angewendet werden kann, wurden seit 2011 umfassende Studien am Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz (IFFF) der Universität für Bodenkultur durchgeführt.

Von einem absterbenden Götterbaum in der Steiermark konnte 2011 der, bei uns natürlich vorkommende, Welkepilz Verticillium nonalfalfae isoliert werden. Das gewonnene Isolat wurde seither durch mehrere Wirtspassagen spezifisch adaptiert und seine hohe Wirksamkeit gegen Götterbaum konnte nachfolgend in mehreren Topf- und Freilandversuchen eindrücklich bestätigt werden. Ein großer Vorteil dieser Bekämpfungsmethode gegenüber mechanischen und chemischen Verfahren ist, dass sich das eingesetzte Pathogen über Wurzelkontakte auch auf benachbarte Götterbäume ausbreiten kann. Großflächige Bestände, die durch klonale Ausbreitung von Wurzelbrut entstanden sind, und deshalb über das Wurzelsystem verbunden sind, können durch Inokulation einzelner Individuen erfolgreich bekämpft werden. So wurden in einem Feldversuch im Lainzer Tiergarten in Wien initial lediglich 20 Götterbäume inokuliert, nach 2 Jahren konnten jedoch Welkesymptome und Mortalität an über 700 Individuen beobachtet werden.

In der Gattung Verticillium gibt es jedoch gefürchtete Erreger, wie V. dahliae oder V. albo‑atrum, die große Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen anrichten können und auch als Erreger von Welkeerkrankungen an Gehölzen (insbesondere Ahorn) bekannt sind. Für die Behandlung von Verticilliumerkrankungen landwirtschaftlicher Kulturpflanzen gibt es derzeit keine zugelassenen präventiven oder kurativen Fungizide. Betroffene Felder müssen also durch weite Fruchtfolgen mit dem Anbau von resistenten Arten, wie zum Beispiel Getreide, saniert werden. Das gezielte Freisetzen eines Pathogens in die Umwelt birgt daher immer das Risiko von unerwünschten Auswirkungen auf Nichtzielorganismen. Um Verticillium nonalfalfae zur Bekämpfung des Götterbaums einsetzen zu können, wurden und werden deshalb etwaige negative Auswirkungen auf potenziell anfällige Nichtzielarten genau untersucht. Bei über 40 bisher getesteten Baumarten konnten keine Anfälligkeiten gegenüber dem Erreger festgestellt werden. Als einzige Pflanze die sich nach direkter Inokulation als vergleichbar anfällig wie Götterbaum gezeigt hat, wurde bisher der Spinat identifiziert. Ebenfalls von Welke betroffen, wenn auch in geringerer Ausprägung, zeigten sich Gurke und Petunie.

Auf Grundlage der bisher vorhandenen Erkenntnisse wurden (auf bestimmte Indikationen eingeschränkte) Anwendung und Verkauf des Isolats Vert56 von der AGES im Rahmen einer jeweils 120 Tage andauernden Notfallzulassung erstmalig im Jahr 2017 bewilligt. Die österreichische Firma BioHelp vermarktet den Pilz seit 2019 unter dem Produktnamen „Ailantex®“, der Erwerb ist ausschließlich für gewerbliche Anwender möglich, die über einen entsprechenden Sachkundenachweis verfügen müssen. Der Verkauf und die Anwendung ist jeweils nur während einer aufrechten Notfallzulassung zulässig, die genauen Vorgaben hierzu werden derzeit jährlich neu festgelegt.